Zweite Cleft Mission nach Kabul, Afghanistan

Autor: Prof. Ghulam Qadir Fayyaz, Leiter des Cleft-Zentrums Lahore, Pakistan
Deutsche Übersetzung: Sarah Katrin Wagner

Die CLAPP (Cleft Lip & Palate Association of Pakistan) und die Cleft-Kinder Hilfe haben eine zweite Mission in das Estiqlal Krankenhaus nach Kabul, Afghanistan vom 21. bis zum 27. April 2015 organisiert. An der Reise nahmen 28 Teammitglieder teil.

A: VISA von der afghanischen Botschaft, Islamabad

Das erste Problem, das wir bewältigen mussten war, ein Visum von der afghanischen Botschaft aus Islamabad zu bekommen.

Jedes Teammitglied musste persönlich zu der afghanischen Botschaft gehen, um das Visum zu beantragen. Dieses kostete sehr viel Zeit, Energie und Aufmerksamkeit.

Die afghanische Botschaft brauchte ein Einreisegenehmigung für alle Mitglieder des Teams vom afghanischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten in Kabul, welches dann per Fax vom auswärtigen Amt zu der afghanischen Botschaft geschickt werden musste.

Zudem mussten wir eine detaillierte Liste aller Teammitglieder und Kopien ihrer Pässe an unseren Gastgeber, das Department of Plastic Surgery & Burns at Estiqlal Hospital in Kabul, schicken.

Diese Dokumente wurden dann an den Direktor des Krankenhauses, zu der zentralen Krankenhausorganisation in Kabul und anschließend an das Gesundheitsministerium und von hier zu Interpol geschickt.

Nachdem Interpol sichergestellt hatte, dass keiner der Teammitglieder als Terrorist bekannt ist, sendeten sie die Dokumente zurück an das Gesundheitsministerium.

Anschließend ging die Liste wieder zum Außenministerium, welches sich dann um die Abfertigung kümmerte und die Einreisegenehmigung erteilte.

Falls es mit der Einreisegenehmigung Probleme gegeben hätte und diese nicht an die afghanische Botschaft geschickt worden wäre, hätten wir keine Visa bekommen.

Also mussten alle 29 Teammitglieder ihre Arbeit in Lahore für einen Tag verlassen, um nach Islamabad zu fahren und hier ihre Visa in der afghanischen Botschaft zu beantragen.

Doch obwohl das ganze Team diese Reise auf sich genommen hatte, wurde uns immer wieder gesagt, dass die Botschaft bis jetzt kein Fax vom afghanischen Außenministerium erhalten habe.

Am 15. April erhielten wir endlich von unserem Gastgeber endlich die Nachricht, dass das Außenministerium die Einreisegenehigung erteilt hätte und sie in die afghanische Botschaft nach Islamabad geschickt hatte.

Noch in derselben Nacht machten sich alle 28 Teammitglieder auf die Reise und erreichten Islamabad am Donnerstagvormittag.

Wir beantragten unsere Visa bei der afghanischen Botschaft, diese weigerte sich aber unsere Dokumente anzuerkennen, solange das Fax vom Außenministerium in Kabul nicht vorliege.

Mit großer Anstrengung haben wir es geschafft den für Visafragen zuständigen Beamten treffen zu können und baten ihn unsere Dokumente anzunehmen und uns die Visa zu genehmigen, sobald das Fax endlich angekommen sei. Nach vielen Diskussionen erklärte er sich hierzu bereit.

Anschließend versuchten wir unseren Gastgeber in Kabul zu erreichen, damit er uns helfen könnte. Dieses gestaltete sich aber auch als schwierig, da Donnerstag und Freitag in Afghanistan freie Tage sind, so dass er nichts für uns tun konnte.

Auch am Freitag taten wir alles, was in unserer Macht stand, das Fax aus Kabul lies aber weiterhin auf sich warten.

Pakistanische Arbeiter erhalten ihre Visa von der afghanischen Botschaft innerhalb von 36 Stunden, auch ohne Dokumente.

Also baten wir die Botschaft wenigstens für 5 Teammitglieder ein Visum auszugeben, aber auch diese Bitte war vergebens. Und auch die Bitte nach einem Visum für die Person, die den Truck begleiten sollte, um die Zollabfertigung zu erleichtern, wurde abgelehnt.

Auch am Morgen des 20. Aprils wurde uns von einem Mitglied der Botschaft mitgeteilt, dass sie immer noch kein Fax aus Kabul erhalten hätten. Also riefen wir erneut unseren Gastgeber an und baten ihn so schnell wie möglich zu intervenieren.

Endlich, nach weiteren 2 Stunden, in denen sowohl in Kabul, informierte uns die Botschaft, dass das Fax angekommen sei und die Visa am Nachmittag erteilt werden würden.

Die Reise über die Autobahn gestaltete sich sehr angenehm und bot wunderschöne Ausblicke.

Um an die pakistanisch – afghanische Grenze in Torkham zu gelangen, mieteten wir ein Taxi. Die Straße zwischen Peshawar und Torkham war sehr schlecht und uneben, was zur Folge hat, dass man für eine Strecke von 54 km normalerweise an die 3 Stunden benötigt.

Auch wenn die Straße in einem besseren Zustand ist, als bei unserem letzten Besuch im November 2014, müssen viele Abschnitte dringend saniert werden. Uns wurde gesagt, dass die Straße Ende 2015 endgültig fertig gestellt sein soll.

In Torkham angekommen frühstückten wir erst einmal und hinterlegten unsere Pässe im pakistanischen Einwanderungsbüro.

Als wir auf die afghanische Seite gehen wollten, forderten die afghanischen Beamten ganz offen Bestechungsgelder, um uns die Grenze passieren zu lassen. Zehn Schritte entfernt wartete schon eine weitere Gruppe afghanischer Grenzbeamter, die auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollten und wir hatten keine Möglichkeit ihren Forderungen zu entgehen.

Anschließend orderten wir Taxen für das gesamte Team, um nach Kabul zu gelangen.

Die Straße war recht gut, es gibt aber einen Zweiwegeverkehr um von Torkham nach Kabul zu fahren. Zudem wurden wir drei Mal angehalten, gebeten aus dem Taxi auszusteigen und von oben bis unten durchsucht. Diese Durchsuchung war sehr beschämend, es gab aber keine Möglichkeit dieser Prozedur zu entgehen.

Nachdem wir endlich in Kabul angekommen waren, verlangte der Taxifahrer mehr Geld als wir in Torkham vereinbart hatten, aber wenigstens verlangten sie dieses Mal nichts anderes.

Der Plan sah eigentlich vor, dass die Operationen am Samstag den 18. April starten und bis Mittwoch den 23. April dauern sollten. Da wir erst am 19.April ankamen, waren wir gezwungen unseren Gastgeber zu bitten die Patientenbesichtigung zu verschieben.

B – Transport der Ausrüstung und der Medikamente

 

Der Transport von Ausrüstung und Medikamenten ist immer eine unangenehme und scherfällige Angelegenheit. Der Truck braucht drei Tage für die Strecke von Lahore nach Kabul und weitere drei Tage für den Rückweg. Sofern es bei der afghanischen Zollbehörde keine Probleme gibt. Unser Gastgeber schickte uns einen Brief der afghanischen Zollbehörde und dem Finanzministerium für die Abfertigung unseres Trucks.

 

Wenn aber unser Truck vom pakistanischen Zoll abgefertigt worden ist und auf der afghanische Seite einreisen will, ist es notwendig nach zum Zollamt in Jalalabad (ca. 100 km von Torkham entfernt) zu fahren, um dort einen weiteren Brief zu erhalten, welcher uns bei der Abfertigung durch den afghanischen Zoll an der pakistanisch – afghanischen Grenzen helfen soll. Anschließend muss der Truck nach Jalalabad fahren, wo wiederum von der dortigen Zollbehörde abgefertigt werden muss, da er andernfalls nicht nach Kabul fahren dürfte. Dieses Mal wurde der Truck auf dem Weg nach Kabul in Jalalabad angehalten und dort für vier Tage festgehalten.

 

Zuerst sagte die afghanische Zollbehörde, dass sie die mitgebrachten Medikamente vom afghanische Gesundheitsministerium (wobei meines Wissens nach eine solche Einrichtung in Afghanistan gar nicht existiert) bezüglich der Qualität überprüft werden soll. Nach harter Arbeit und schweren Diskussionen durfte der Truck schließlich nach Kabul weiterfahren.

 

Die war allerdings nicht das Ende des unangenehmen Prozesses. Am Donnerstagvormittag erreichte der Truck endlich Kabul,

Trotz der Unterstützung durch den Chef der Zollbehörde in Kabul hielten die unter ihm stehenden Beamten an der Verzögerungstaktik fest, so dass wir gezwungen waren, Gelder unter der Hand zu zahlen. Dadurch wurde der Truck endlich freigegeben und erreichte das Estiqlal Krankenhaus in Kabul.

C – Sensibilisierungskampagne

 

Eine Öffentlichkeitskampagne (um die kostenlosen Operationen bekannt zu machen) umzusetzen ist in Afghanistan besonders schwierig, da es wenige seriöse Zeitungen gibt (Der Großteil der Afghanen sind Analphabeten) und auch Kabelfernsehen ist außerhalb von Kabul nicht zu empfangen. Werbetafeln zu mieten ist ebenfalls schwierig, da diese sehr teuer sind (300 US Dollar pro Monat). Deshalb benutzten wir in den größeren Städten der afghanischen Provinzen Poster, Handzettel und Banners, die Bilder von Patienten mit Gaumen- und Lippenspalte zeigten. Organisiert wurde diese Aktion vom Estiqlal Krankenhaus in Kabul und „Muslim Hands, Afghanistan“.

 

D – Das Vorausteam erreicht Kabul

Am Sonntag dem 19. April erreichte einer unserer Ärzte, welcher mit einer tadschikischen Frau verheiratet ist, die er während seines Medizinstudiums in Tadschikistan kennen lernte, Kabul. Zunächst musste er aber zur tadschikisch – afghanischen Grenze gehen um seine Familie dort abzusetzen, da diese Ferien in Tadschikistan machen wollte. Anschließend fuhr er weiter nach Kabul um mit den Operationen zu starten.

E – Das Estiqlal Krankenhaus in Kabul

 

Da der Truck nicht wie erhofft am Mittwochnachmittag in Kabul eintraf, fragte unser Gastgeber uns, ob es möglich wäre, die Operationen mit der im Estiqlal Krankenhaus zur Verfügung stehenden Ausstattung und Medikamenten beginnen könnten. Also erstellten wir eine Liste mit 20 Patienten, die für eine Operation in Frage kommen würden.

 

Nach der dritten Operation hoben alle Teammitglieder ihre Hände über die Schultern, um zu demonstrieren, dass sie nicht in der Lage wären, weiter zu machen.

Da das Equipment und die Medikamente den Ansprüchen nicht genügten, stoppten wir die Arbeit, mit Blick auf die Sicherheit der Patienten, umgehend.

F –Patientenbesichtigung in Jalalabad City

Am Mittwoch den 22. April führten wir auf dem Weg von Torkham nach Kabul eine Patientenbesichtigung in Jalalabad durch, bei der wir 18 für die Operationen passende Patienten fanden und diese zur Behandlung nach Kabul in Estiqlal Krankenhaus brachten.

G – Verzögerung der Operationen

Da der Truck von der afghanischen Zollbehörde bis Donnerstagabend festgehalten wurde, war das gesamte Team mit seinen 28 Mitgliedern gezwungen zu warten und waren nicht in der Lage die Zeit sinnvoll zu nutzen.

H – Begin der Operationen

 

Am Nachmittag des 22. Aprils konnten wir endlich mit den Operationen beginnen. Alle Operationen wurden innerhalb von 4 ½ Tagen zwischen dem 22. und dem 27. April durchgeführt. Insgesamt haben wir 200 Operationen durchführen können, bei denen 190 Patienten mit Gaumen- und Lippenspalte behandelt wurden, die anderen waren Narbenkorrekturen und andere Probleme.

 

I – Das Verladen von Ausrüstung und Medikamenten in Truck

Nachdem am Abend des 27. Aprils um ca. 22 Uhr alle Operationen im Estiqlal Krankenhaus durchgeführt worden waren, begann unser Team die Ausrüstung und die Medikamente zurück in den Truck zu packen. Noch in der gleichen Nacht haben unsere Mitarbeiter alle Maschinen, die gesamte Ausrüstung und die übrig gebliebenen Medikamente zurück in Holzcontainer gepackt und in den Truck geladen. Zwei unserer Teammitglieder begleiteten unseren Truck nach Lahore in Pakistan, wo sie nach drei Tagen Fahrt Donnerstagnacht ankamen.

J – Zurück von Kabul nach Lahore

Am Morgen des 28. April, einem Donnerstag, verließen die 28 Mitglieder des CLAPP Teams Kabul in sechs Taxen Richtung Torkham. Nachdem wir Pakistan erreichten, wurde uns mitgeteilt, dass die Hauptstraße nach Peshawar geschlossen ist und wir eine Alternativroute nehmen müssten, um nach Peshawar zu gelangen. Hier angekommen, nahmen wir den Bus und erreichten Lahore am Abend des 28. Aprils 2015.

K – Nachbehandlung der Patienten

Zwei unserer Teammitglieder blieben im Estiqlal Krankenhaus um Fäden zu ziehen und alle Patienten durch Photographien zu erfassen.

L – Besuch der pakistanischen Botschaft in Kabul

Während meines Aufenthalts in Kabul besuchte ich die pakistanische Botschaft, um sie über die Schwierigkeiten zu informieren, die sich der Mission darstellten.

Ein offizielles Mitglied der Botschaft gab uns einen Brief für das afghanische Außenministerium, welcher uns alle möglichen Hilfen für unsere Mission gewährleisten sollte.

Doch auch ein Besuch eines unserer Teammitglieder beim afghanischen Außenministerium am nächsten Tag brachte diesbezüglich kein positives Ergebnis.

M – Ein Brief an die Schweizer Botschaft in Kabul

Auf meinen Wunsch hin schickte die CEO of CCI, Doris Schneider, eine e-Mail an die Schweizer Botschaft in Kabul, um Hilfe für unsere CLEFT Mission zu vermitteln, doch trotz einer erneuten Mail, konnte kein Kontakt zwischen mir und der Schweizer Botschaft hergestellt werden.

N – Anstehende Termine der Cleft Mission in Kabul.

Der nächste Termin für eine Mission in Kabul wurde auf den Zeitraum vom 26. September bis zum 3. Oktober 2015 angesetzt.